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Wie schreiben über die Liebe?

Ich bin ein österreichischer Autor von Büchern zu den Themen von schwuler Identität und dem oft schwierigen Prozess der Selbstfindung von Männern in verschiedenen Stadien ihres Lebens. Bisher habe ich acht Bücher und außerdem Beiträge in zahlreichen Anthologien veröffentlicht. Der Himmelstürmer Verlag hat diese Bücher veröffentlicht:

Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass es Bodo Kirchhoffs Mexikanische Novelle war, die mir die Augen dafür geöffnet hat, wozu Literatur in der Lage sein kann. Der deutsche Autor schreibt darin über ganz große Gefühle – dies aber auf eine kühle, glasklare, fast distanzierte Weise, die dennoch Emotionen zulässt, die schon auch mal über Leben und Tod entscheiden mögen. Ob man denn über die Liebe schreiben könne, ohne ins Kitschige zu verfallen, fragt Kirchhoff in seinem späteren Roman Infanta und gibt gleich selbst eine positive Antwort darauf. Dies ist seitdem mein Ansinnen, denn im Grunde genommen drehen sich alle meine Texte um zwischenmenschliche Beziehungen, um die Liebe mit all ihren Höhen und Tiefen. Ich versuche dabei, meine Sprache so präzise wie möglich zu halten, kein Wort zuviel, aber auch keines zu wenig zu sagen, eben jene stilistischen Klischees zu vermeiden, denen sich Geschichten, die sich um die Empfindungen ihrer Charaktere kümmern, so oft ergeben.

Paul Senftenberg ist ein leidenschaftlicher Film- und Kinofan

Mir wurde schon oft attestiert, sehr filmisch, sehr visuell zu schreiben, was vielleicht auch mit meiner Leidenschaft für Filme und das Kino zusammenhängt. Schon in meinem ersten Roman Eine ganz andere Liebe spielen ein Filmklassiker, nämlich Frankenstein, und die Aufführung in einem Freiluftkino eine zentrale Rolle; dort kommt es zum ersten Kuss zwischen den beiden Protagonisten. Wenn ich in meinen beiden jüngsten Romanen Ein Lächeln mit Zukunft und Fahren mit wehendem Haar die Schicksale gleich mehrerer Figuren aufrolle und wie beim Zusammensetzen eines Puzzles miteinander verbinde, mag dies den Charakter einer jener Fernsehserien haben, die in der heutigen Zeit die Rolle der ausufernden Romane des 19. Jahrhunderts übernommen zu haben scheinen. Nicht von ungefähr habe ich mich in meinem ersten Sachbuch Gay Movie Moments an die Analyse von schwulen Gänsehautmomenten in Filmen und Serien gewagt.

Die Konflikte, in denn sich meine schwulen Protagonisten gefangen sehen, haben sehr oft mit dem Prozess der Selbstfindung zu tun, sei es, dass sie ihn als unsichere Jugendliche durchmachen, sei es, dass sie erst später ihr Coming out haben oder dass sie im fortgeschrittenen Alter mit den Versäumnissen ihres Lebens zu hadern beginnen. In meinem Roman Fahren mit wehendem Haar sind es nicht weniger als acht Charaktere, die für unterschiedliche Lebensalter und Facetten der Einsicht stehen. Einige von ihnen spielen in meinem Beitrag zur Anthologie Sein schönster Sommer eine Rolle – den ich in der Form des Drehbuches zu einer schwulen Soap gestaltet habe. Womit sich der Kreis zum filmischen Schreibstil und meinem zentralen Thema schließt: den ewigen Wirren der Liebe.

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